Page 36 - Der Krampf
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Der „Krampf“ eine wahre Geschichte!
Manchmal kam es dadurch zu Terminproblemen, diese konnten aber alle gelöst werden
und es mussten kaum Stunden ausfallen. Man konnte richtig das hohe Engagement der
Betroffenen spüren. Die Mädchen und Jungen waren ziemlich gleich alt, und hattenda-
durch kaum Probleme mit einander. Es waren einige Nationalitäten vertreten, und bei
der Frage „Was willst Du denn werden?“ kamen so Antworten wie „Fußballtrainer,
oder Hotelbesitzer“. Die meisten Vorstellungen waren realistisch, und Reinhard wollte
sowieso immer in einem Büro arbeiten. Reinhard gefiel es anfangs gut, er arbeitete in
den theoretischen Fächern gerne mit. Dies war nicht immer einfach, zum einen weil er
doch schon einige Zeit nicht mehr gelernt hatte, und zum anderen, weil die Disziplin
in der Gruppe nicht immer besonders hoch war. Er kam dann bald dahinter, dass er
eigentlich keinen Lehrberuf ergreifen wollte und für ihn eine Anlehre ohne Schule
besser sei. Die vielen Anfälle hatten schon einige Spuren hinterlassen. Wir akzeptierten
seinen Wunsch, und ich besprach dieses Problem mit dem zuständigen Mitarbeiter des
AMS an diesem Projekt. Da Reinhard über die Integration Wien schon die Möglich-
keit eines Büro-Praktikums im Verein der Integration bekam und ein weiteres Prak-
tikum in einer Steuerberatungskanzlei in Aussicht war, verließ er in beiderseitigem
Einvernehmen das Projekt und machte damit einem anderen Jugendlichen Platz. Das
Praktikum in der Integration Wien war relativ leicht für Reinhard, er wurde damit
nicht sehr belastet und war als Einstieg zum nächsten Praktikum in der Steuerbera-
tungskanzlei gedacht, wo die Anforderungen schon weit höher angesiedelt waren. Für
ihn war das alles neu da er bis dahin noch nie längere Zeit alleine von zu Hause weg
war. Die Zeit war mit einem Monat festgelegt und dadurch hatte er auch nur mit einer
Anfallserie zu rechnen. Da diese Serie zumeist aus mehreren Anfällen besteht war mit
einigen Tagen Ausfall zu rechnen. Bei der Integration Wien kamen die Anfälle erst in
den Weihnachtsfeiertagen und er war dadurch in dem Praktikum nicht belastet. Die
Tätigkeiten die er verrichtete waren eher einfacherer Natur und betrafen den Büroall-
tag. Er durfte die eher spärliche Post sortieren, vor Weihnachten war nicht sehr viel
los. Er half bei Aussendungen mit und konnte den Mitarbeiterinnen der Integration
sogar kleine Tipps bei deren Arbeiten am Computer geben. Die ISDN-Telefonanlage
hatte er auch bald technisch gecheckt und damit war die Zeit auch schon wieder vorbei.
Er fühlte sich gut dabei, obwohl er manchmal gerne mehr Arbeit gehabt hätte. Das für
ihn erfreulichste war jedoch, dass sich sein gesundheitlicher Zustand nicht verschlim-
merte, die 12 Anfälle in der Zeit des Praktikums hatte er davor auch. Im neuen Jahr
drängten wir dann darauf, dass Fr. Mag. Schneider wieder einmal Kontakt zu der Steu-
erberatungskanzlei aufnehmen sollte. Es gelang ihr dann doch einen Gesprächstermin
zu bekommen, indem wir alle mit dem Inhaber der Firma über die Modalitäten sprechen
konnten. Das Gespräch fand im Februar statt und einem Praktikum im März stand dann
nichts mehr im Wege. Reinhard wurde in der Kanzlei gut angenommen und wurde in der
„Ablage“ eingesetzt. Dies bedeutete viele Ordner, viel Papier und viel Sortierarbeit. Die-
se Aufgabe konnte von ihm ebenfalls fast mühelos bewältigt werden. Das Monat verging
rasch und die kleine Hoffnung, er könnte vielleicht länger bleiben, wurde nicht erfüllt.
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