Page 4 - Der Krampf
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Der „Krampf“ eine wahre Geschichte!
Die Anzeige der Uhr ist nach dieser Unterbrechung auch nicht viel weitergekom-
men. Zwei Stunden erst, vier bis fünf Stunden sind prognostiziert. Ich würde in kei-
nem Fall ohne eine Mitteilung über den Ausgang der Operation nach Hause gehen.
Begonnenen hatte alles am 21.6.1984, zu Fronleichnam, wir waren alle vier bei
der alljährlich stattfindenden Prozession anwesend. Es war ein warmer Tag im
Juni. Zum Frühstück gab es Kaffee und Marmeladebrot für die Eltern und Kakao
und Honigbrot für die Kinder. Sylvia war damals 14 Jahre, und Reinhard 8 Jah-
re alt. Die Messe fand unweit der Kirche in einem kleinen Park statt. Reinhard
stand mit einer Schar seiner Schulkollegen bei den Kindern weiter vorne. Alle
hatten sie die Erstkommunion kurz hinter sich, und trugen fesche Anzüge. Sylvia
ging neben uns. Gerti, die Mutter, bemerkte als erste eine kleine Veränderung bei
Reinhard. Ich ging vor und es stellte sich heraus, dass er über eine Magenverstim-
mung klagte. Wir verließen die Messe und am Weg nach Hause musste sich Rein-
hard übergeben. Gerti meinte es könne die Hitze oder der Kakao sein. Zu Hause
angekommen legten wir uns alle eine Weile nieder und dösten so vor uns hin.
Im Halbschlaf hörte ich die WC-Türe. Nach einiger Zeit fiel mir auf, dass es völlig
ruhig war im WC. Ich stand auf und klopfte an die Türe, nachdem keine Antwort
kam machte ich die angelehnte Türe auf und fragte Reinhard ob alles in Ordnung
sei. Er gab mir keine Antwort und ich merkte an seinem Verhalten, dass etwas nicht
in Ordnung ist. Er starrte ins Leere und wippte eigenartig mit dem Kopf. Ich rief
Gerti und miteinander legten wir Reinhard ins Bett zurück. Wir dachten es sei ein
Hitzschlag. Während ich den Notarzt rief, es war ja ein Feiertag, versuchte Gerti
Reinhard aufzuwecken. Minuten später verschlimmerte sich sein Zustand, er er-
brach und fing mit der rechten Hand und mit dem rechten Fuß zu zucken an. Ich rief
nochmals den Notarzt an und forderte rasch einen Arzt an. Der Arzt erklärte mir man
ist unterwegs aber es gäbe an diesen heißen Tag viel zu tun. Er gab mir den Tipp die
Rettung zu verständigen. Die Rettung und der Notarzt kamen dann nach einer knap-
pen dreiviertel Stunde gemeinsam. Reinhard war noch immer ohne Bewusstsein.
Er wurde in die Kinderabteilung des Wilhel-
minenspitals eingeliefert. Ich durfte als Ange-
höriger mitfahren. Der Rest der Familie blieb
weinend zurück. Über Funk verständigte Ärzte
standen bei der Aufnahme sofort bereit und küm-
merten sich um Reinhard. Ich wartete vor der
Türe zum Untersuchungsraum. Nach etlichen
Minuten hörte ich durch die Türe, wie Rein-
hard aufschrie. Mir trieb es nun die Tränen in
Wilhelminenspital, Abteilung für Kinder und Jugend- die Augen, die vergangenen 90 Minuten und der
heilkunde Schrei meines Sohnes trugen das ihre dazu bei.
Quelle: common.wikimedia.com
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