Page 3 - Der Krampf
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Es ist Nachmittag und ich  und  ein  jüngerer  Mann,  Räumen  zumeist  Bilder,
            sitze in einem Warteraum  der mich schon länger sit- Plakate und Anschläge an-
            im 11. Stock, besser gesagt  zen sieht, fragt ob ich ein  gebracht  sind.  Großteils
            in einem Vorraum, wo an  Problem hätte. Ich erkläre  sind es Drucke namhafter

            einer  Seite  einige  Kunst- ihm kurz meine Situation,  Maler  und  echte  Bilder
            stoffsessel angebracht sind,  dass ein Kaffee meine War- unbekannter Künstler. Da
            und dieser daher auch als  tezeit  verkürzen  würde,  man  sich  nicht  in  einer
            Warteraum  genutzt  wird.  ich mich, aber nicht entfer- Galerie  befindet  und  da-
            Ich bin alleine, aber es ist  nen wolle. Er bietet sofort  her der Sinn der Betrach-
            nicht  schlimm,  da  in  den  an, einen zu besorgen und  tungen  zur  Verkürzung
            Raum,  er  ist  ca.  40  m/2,  ich bin froh, dass ich doch  der Wartezeit dient, nimmt
            drei  Lifte  münden,  und  zu  einem  Kaffee  komme. man die Kunstwerke nicht

            dadurch  zeitweise  reger  Weiters  führen  vier  Tü- so  intensiv  wahr.  Anders
            Personenverkehr  stattfin- ren und eine automatische  ist  es  mit  Anschlägen,
            det.  Manche  Leute  kenne  Schiebetüre  zu  Arbeits- Mitteilungen  und  derglei-
            ich  oberflächlich  und  be- räumen  oder  weiteren  chen.  Diese  lese  ich  meist
            grüße sie durch ein kurzes  Vorräumen.  Eine  davon  nicht  oberflächlich,  da
            Nicken. Ein Gong kündigt  ist eine Türe aus Glas, sie  sich dahinter oft nützliche
            immer  einen  Lift  an  und  geleitet  zur  Fluchtstiege.  Hinweise  verbergen.  Ein
            auf  einer  Anzeige  ist  er- Eine  Zeitlang  beobachte  wichtiger  Hinweis  kann
            sichtlich wo sich diese ge- ich  das  Treiben  rund  um  auch  die  Existenz  eines
            rade befinden. Nach einer  mich. Es macht mir nichts  Klosetts  sein,  wenn  man
            Stunde verspüre ich einen  aus, da ich jahrelange Er- weiß, dass die Wartezeit 5
            starken  Gusto  auf  einen  fahrung  als  Taxifahrer  Stunden oder auch länger

            Kaffee.  Da  ich  verspro- habe,  und  dadurch  das  betragen  kann.  Nachdem
            chen habe hier zu warten,  Warten gewohnt bin. Nach  ich  mich  wieder  hinsetze,
            traue  ich  mich  nicht  den  gut einer Stunde und eines  und feststelle, dass die Uhr
            Raum  zu  verlassen.  Wie  Teiles  der  Zeitung  breche  auch  nicht  schneller  wur-
            es  manchmal  im  Leben  ich zur BPA-Tour auf. BPA  de  reißt  mich  der  Gong
            kommt  habe  ich  Glück,  deshalb,  weil  in  solchen  vom  Aufzug  aus  meinen

            Gedanken und Gerti kommt vorbei und erkundigt sich über den Stand der Din-
            ge. Es sind 2 Stunden vergangen, ich kann nichts Neues melden. „Glaubst du es
            wird alles gut gehen“ fragt sie mich. Ich meine, wie immer in solchen Situationen,

            es könne nur gut gehen und es wäre schon in Ordnung wenn es nicht schlimmer
            würde. Der Arzt sagt doch immer, bei so einem schwierigen Anfallsleiden wie Rein-
            hard es hat, wäre es schon ein Gewinn, wenn die Anzahl der Anfälle zurückgehe.
            Derzeit liegen wir bei 30 bis 50 Anfälle im Monat. Eine Anzahl die in keinem Fall auf
            längere Sicht akzeptabel ist. Es handelt sich zwar nicht um sogenannte Grand-Mal
            Anfälle, das Bewusstsein ist, aber in allen Fällen gestört. Ich schicke Gerti wieder
            zurück in den Aufenthaltsraum, 2 Stöcke tiefer, wo noch das Rauchen toleriert wird.





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