Page 16 - Der Krampf
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Der „Krampf“ eine wahre Geschichte!
Wenn einige Zeit keine Veränderungen in der Einnahme der Medikamente vorge-
nommen wurde war auch die Anzahl der Anfälle relativ gleich hoch. Trotz der vielen
Anfälle gelang es jedoch nicht während eines EEG’s einen Anfall aufzuzeichnen.
Ich machte Fr. Dr. F. darauf aufmerksam, dass es meistens bei einer körperlichen
Anstrengung zu einem Anfall kommt. Es wurde daher bei nächster Gelegenheit
ein Ergonometrietest vereinbart. Im Moment fehlte noch ein geeignetes Rad dafür,
das Rad der Klinik war in der Reparatur. Ein halbes Jahr verging bis es endlich
soweit war diesen Test vorzubereiten. Ich hatte schon vorher versucht ein Rad auf-
zutreiben, dies wurde jedoch aus versicherungstechnischen Gründen abgelehnt.
Reinhard’s Befinden ist, wenn man bedenkt, dass er eine längere Operation hinter
sich hat, eigentlich gut. Er klagt kaum über Kopfschmerzen und hat auch keine grö-
ßeren Anfälle. Er nimmt seine Medikamente wie immer ein. Er klagt nicht, wenn
einmal mehr auf dem Programm steht. Auch wenn nichts vorliegt kommen immer
wieder Ärzte vorbei, um sich zu erkundigen wie es Reinhard geht. Auch Hr. Doc. Dr.
C., der Operateur, kommt und ist erfreut über den guten Zustand seines Patienten.
Wir werden, wie immer über die nächsten Schritte informiert, ich empfinde das als
sehr beruhigend. Die Besuche für Reinhard sind zeitlich so abgestimmt, dass nicht
alle gleichzeitig kommen. Wobei es trotz der Hygienemaßnahmen keine Beschrän-
kung gibt. Es gibt auch immer wieder Anrufe, das Telefon und das Fernsehgerät
ist vom Bett aus leicht erreichbar und zählen im AKH zum Standard. Bezahlt wird
dieser Luxus über aufladbare Karten. Grundgebühren entfallen, dafür sind die Ge-
sprächsentgelte teurer. Es kommt auch immer wieder vor, dass man auf bekannte
Gesichter trifft. Menschen, die man im Laufe der Zeit, aufgrund einer ähnlichen
Krankheit bei einer der Untersuchungen, oder sonst wo , im Spital einmal trifft.
Es werden dann Neuigkeiten ausgetauscht, über das Essen geschimpft. Manchmal
kommt auch Kritik über den einen oder den anderen Pfleger, oder eine Schwester
und auch Ärzte bleiben nicht verschont. Einmal treffe ich im Aufenthaltsraum einen
Patienten, auch er leidet an einer Anfallskrankheit, er bringt es fertig und erzählt
mir bei einem Kaffee seine Lebensgeschichte. Die Krankheit wirkt sich bei jedem,
der davon betroffenen Patienten, anders aus. Es kommt nicht nur darauf an, wie
lange der Betroffene sein Leiden hat, sondern ist auch davon abhängig welche Regi-
onen im Gehirn im Anfall betroffen sind. Auch ist es wesentlich wie oft es zu Anfällen
kommt, wie stark sie sind, wie weit sie sich ausbreiten und letztlich, wie lange sie
dauern. Eines bleibt mir dabei in Erinnerung, nämlich die Definition dieses Pati-
enten über „verrückt sein“. Er sieht es so, dass bei einem Verrückten der Zugriff
zum Speicher im Gehirn verschoben (ein anderes Wort für „verrückt“) ist. Dabei
kommt es zu Handlungen oder Aussagen, die wir, da wir ständig vergleichen und de-
ren Zugriff zum Speicher nicht verschoben (verrückt) ist, eben als verrückt ansehen.
Mit dem Essen klappt es dieses Mal nicht. Es ist nicht möglich das be-
stellte Essen auch zu bekommen. Obwohl die Meldung der Verlegung
Reinhard’s in einen anderen Bereich zeitgerecht abgeschickt wurde, ist
es nicht möglich innerhalb einer Woche das richtige Essen zu bekommen.
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